„In der Welt und dem Geschäft der Worte werden wir allzu oft gebeten, Worte zu extrahieren, um etwas aus ihnen zu bilden, das gemeinhin als „Etikett“ bezeichnet wird. Diese könnten Kunst, Verletzlichkeit und Menschlichkeit sein. Und es sind genau diese drei Worte, die mich zu Christophe Ndabananiye bringen, dessen Arbeit ich nun schon seit einem Jahrzehnt verfolge.
Was mich von Anfang an fesselte, war Ndabananiye’s Unfähigkeit, die Wahrheit zu verstecken; sein Vermögen, nicht nur tief in der Geschichte, sondern auch in seiner eigenen Seele zu graben. Ich habe im letzten Jahrzehnt gesehen, wie sich seine Arbeit von essayistischen Installationen und Gemälden zu anekdotischen und metaphorischen Skulpturen entwickelte.
Abstraktion spielt in Ndabananiyes Praxis eine wichtige Rolle: Abstraktion als Reduktion, als Subtraktion ist man versucht, zu sagen.
… sein Konzept von Ukumbusho an (wie die meisten seiner Titel auch dies ein Swahili Begriff), das mit Erinnerungsarbeit zu tun hat, damit, sich mit den eigenen Erinnerungen anpackend auseinanderzusetzen, damit, in Erinnerung zu schwelgen als eine Methode zu begreifen, um der Gegenwart zu begegnen. Jemand sagte einmal, dass man sich nicht wirklich von der Vergangenheit lösen kann. Vielmehr müsse man sie immerfort halten, falten, man muss sich ihr immerfort stellen und mit ihr arbeiten. Sich loszulösen, bedeutet Vergessen. Zu gestalten, bedeutet, der Vergangenheit zu vergeben.
Kunst kann dieser Raum oder diese Möglichkeit sein, die Wunden unserer Zeit zu zeigen. Sie kann individuelle und kollektive Heilung, Katharsis, befördern. In Ndabananiyes Arbeiten begegnet man solchen Orten und Momenten – Orte und Momente der Auseinandersetzung, also der Möglichkeit, etwas auseinander zu nehmen oder sich mit den Entitäten zu beschäftigen, um sie wieder neu anordnen zu können. Gleichzeitig bedeutet das Wort auch konfrontieren, debattieren, streiten.“
Zitate aus dem Text „Von der Kunst Verletzlichkeit anzunehmen
-Einige Überlegungen zu aktuellen Arbeiten von Christophe Ndabananiye“
in dem Katalog der Villa Romana 2018
Von Bonaventure Soh Bejeng Ndikung (2019)